Die einzigartige Geschichte des bayerischen Waldes.
Der Bayerische Wald oder Bayerwald ist ein etwa 100 km langes und bis 1456 m ü. NHN hohes Mittelgebirge an der Grenze zwischen (Bayern) Deutschland und Tschechien.
Er liegt geologisch und geomorphologisch im Böhmerwald, dem höchsten Gebirgszug des Böhmischen Massivs. Dieses Gebiet wurde etwa ab 1830 speziell vom Böhmerwald unterschieden, als es nach der Eingliederung der Hochstifte Regensburg und Passau durchgängig bayerisch wurde.
Entlang der tschechischen Grenze wurde das Gebirge in den Nationalpark Bayerischer Wald umgewandelt. Der dichte Bewuchs in diesem Schutzgebiet entwickelt sich allmählich zu einem bodenständigen Urwald. Der Nationalpark verfügt über mehrere Informationszentren und ein Netz von Wanderwegen. Jenseits der Grenze setzt sich das Schutzgebiet im größeren Nationalpark Böhmerwald (Šumava) fort.
Übersicht
Zusammen mit dem Oberpfälzer Wald nordwestlich der Cham-Further Senke und dem Neuburger Wald südlich von Passau und jenseits der Donau bildet der Bayerische Wald das größte durchgehende Waldgebiet Bayerns. Dieses Gebiet, zusammen mit dem Böhmerwald (tschechisch Šumava) und dem Sauwald (südöstliche Fortsetzung nach Oberösterreich), zählt zu den größten Waldgebieten Europas.
Der Bayerische Wald wird hauptsächlich durch den Regen und die Ilz zur Donau entwässert, während ein kleiner Abschnitt in Grenznähe zu Tschechien über die Moldau zur Elbe entwässert wird.
Die höchsten Gipfel im Bayerischen Wald sind der Große Arber mit 1456 m und der Große Rachel mit 1453 m. Im östlichen Teil des Gebirges wurde 1970 Deutschlands erster Nationalpark, der Nationalpark Bayerischer Wald, gegründet. Dieser wurde 1997 erweitert und bildet gemeinsam mit dem tschechischen Nationalpark Šumava eines der größten Naturschutzgebiete Europas.
In älteren Karten und lexikalischen Werken bezieht sich der Begriff "Bayerischer Wald" lediglich auf die Bergregion des Vorderen Waldes zwischen Donau und Regen, mit dem Einödriegel als höchster Erhebung. Der Hinterwald (zwischen Regen und böhmischer Grenze) mit Bergen wie Arber, Rachel und Lusen galt früher als Teil des Böhmerwaldes. Aufgrund des Sprachgebrauchs der bayerischen Behörden, des Tourismus und des ehemaligen Eisernen Vorhangs wurde der Begriff "Bayerischer Wald" jedoch zunehmend auf die gesamte Mittelgebirgsregion diesseits der Grenze zwischen Bayern und Böhmen ausgedehnt. Seit den politischen Entwicklungen nach 1989, insbesondere mit dem Beitritt Tschechiens zum Schengenraum, zeichnet sich jedoch ein Trend ab, das Mittelgebirge an der deutsch-tschechischen Grenze wieder als eine Einheit, besonders aus touristischer Sicht, zu betrachten.
Der Tourismus spielt eine bedeutende Rolle im Bayerischen Wald, der für seine Natur, Wanderwege, Forstkultur und mehrere Skigebiete bekannt ist. Zudem erlangte die Region Ruhm durch ihre Glasbläserkunst im Raum Zwiesel sowie in den Geowissenschaften durch die Fundamentalstation Wettzell bei Bad Kötzting.
Die Einheimischen nennen den Bayerischen Wald einfach "Woid" und bezeichnen sich selbst als "Waidler".
Geschichte
Dieses Waldgebiet erstreckt sich über drei Länder: den Böhmerwald in Tschechien, den Bayerwald oder Bayerischen Wald sowie einen Teil des Mühlviertels in Oberösterreich. Vor der näheren Betrachtung der Geschichte dieses Waldgebiets sollte angemerkt werden, dass der Begriff "Bayerischer Wald" erst im frühen 19. Jahrhundert geprägt wurde. Man nimmt an, dass dies zu touristischen Zwecken geschah, um ein genau abgestecktes Gebiet besser definieren zu können. Vorher existierten keine unterschiedlichen Bezeichnungen für diese Waldregion; sie war sowohl für die Bewohner diesseits als auch jenseits des Böhmerwalds oder, noch gebräuchlicher, einfach als "der Woid" bekannt.
Kelten- und Römerzeit:
Schon im Altertum wird das Gebiet des Bayerischen Waldes von verschiedenen Autoren erwähnt. Der griechische Geograf Ptolemäus bezeichnet das Waldgebiet als Gabreta hyle, wobei dieser Name hauptsächlich auf das keltische *kapr für Steinbock zurückgeführt wird. Archäologische Funde aus der Hallstatt- und Latènezeit fehlen im Bayerischen Wald nahezu vollständig, und es sind keine römischen Siedlungen nachgewiesen.
Der heutige Name und die Bezeichnung Bayern lassen sich auf den Stammesnamen der Bajuwaren zurückführen, der wiederum auf den keltischen Stamm der Boier zurückgeht. Belegte Personen- und Ortsnamen wie Boiorix ("König der Boier"), Boiodurum und Boiotro (ein keltisches Oppidum und römisches Kastell im heutigen Passau) bestätigen dies. Ein weiterer Nachhall findet sich im Gebietsnamen Böhmen, der von germ. *boio-hemum > lat. boihaemum = Heim der Boier abgeleitet ist. Der römische Geschichtsschreiber Tacitus schreibt in seiner Germania (nach 98 n. Chr.): „manet adhuc Boihaemi nomen significatque loci veterem memoriam quamvis mutatis cultoribus“, übersetzt: „Der Name Boihaemum bleibt bis heute und bewahrt somit die Erinnerung an die Vergangenheit des Landes, wenn auch mit geänderten Bewohnern.“ Der im heutigen Ostbayern ansässige Stammesteil der Boier war zu dieser Zeit wohl bereits von den Markomannen assimiliert.
Obwohl eine durchgehende Besiedelung des Gebiets als gesichert gelten kann, lassen sich die heutigen Bewohner nicht ohne weiteres auf die Urbevölkerung zurückführen.
Ursprünglich "Böhmerwald":
Der Name Böhmerwald ist also uralt und taucht gut tausend Jahre früher auf als die slawische Bezeichnung "Čechy". Die Baiern nannten den großen Grenzwald im Norden ihres neuen Siedlungsgebiets ursprünglich nur "Nordwald", wie aus einer Urkunde König Ludwigs des Deutschen aus dem Jahr 853 hervorgeht. Später wird in der Niedernburger Schenkungsurkunde von 1010 ebenfalls vom "silva quae vocatur Nortuualt" gesprochen. Allmählich verschwand jedoch der Begriff "Nordwald", und in allen frühen Kartenwerken wurde er stattdessen als "Bohemica silva" bezeichnet. Ein Beispiel ist eine Deutschlandkarte von 1491 von Nikolaus Cusanus, auf der die Gegend von Passau und seinem nördlichen Grenzbirge allgemein als "silva et montes Bohemia" (Wald und Berge Böhmens) bezeichnet wird. In seiner Karte von "Obern vnd Nidern Bairn" von 1523, der ersten Landkarte von ganz Bayern, zeichnet Johannes Thurmair, genannt Aventin (1477 bis 1534), den "behemisch waldt" nördlich der Donau ein, und zwar mit dem Zusatz "Hercynie et Boiernie pars", was darauf hindeutet, dass der Böhmerwald in diesem Dokument nicht nur ein Teil Böhmens ist. Der Kartograf Sebastian Münster berichtet in seiner bekannten Weltbeschreibung "Cosmographey" von 1544 sogar, dass mit dem Böhmerwald das gesamte rautenförmige Ringgebirge gemeint ist, das das Böhmische Becken um Prag gleichsam einer Mauer umschließt (wobei dies unter heutigen Historikern umstritten ist).
Die Besiedelung des Urwaldes erfolgte seit dem Mittelalter vor allem von bayerischer Seite durch die Donauklöster wie Niederaltaich oder Metten, die ihren Einflussbereich über die spätere Grenzlinie hinaus in den Böhmerwald ausweiteten. Der östliche Teil des Bayerischen Waldes (östlich von Ilz und Sagwasser) war seit etwa 1010 im Besitz von Passau. Im 13. Jahrhundert konnte sich das Hochstift Passau vom Herzogtum Bayern lösen und wurde ein weitgehend selbstständiger geistlicher Staat innerhalb des Heiligen Römischen Reichs. Erst infolge der Säkularisation in Bayern fiel das Gebiet 1805 an Bayern. Eine bedeutende Lebensader des Passauer Landes war der Goldene Steig, auf dem Böhmen mit Salz aus den Salinen des Ostalpenraums versorgt wurde. Der von Passau ausgehende Saumweg entwickelte sich im 16. Jahrhundert zum bedeutendsten Handelsweg Süddeutschlands. Die Glaserzeugung war im Gebiet des Bayerischen Waldes seit dem Mittelalter ebenfalls von Bedeutung. Ihre Blütezeit erlebte sie im 18. und 19. Jahrhundert durch die Verbindung mit den Glashütten im Böhmerwald.